Kleintierpraxis Dr. Breuer
Kleintierpraxis Dr. Breuer

Internet-Mob

Diese Seite sollte eigentlich nur vorübergehend auf unserer Homepage erscheinen. Da der Auslöser für diese Zeilen aber zu einer Vielzahl von Bewertungen, Rezensionen, Diskussionen und für Neukunden nicht nach zu vollziehenden Antworten auf Rezensionen geführt hat bleibt sie nun dauerhaft bestehen.

 

Im August 2019 wurde die Praxis von einem wütenden Mob aus dem Internet attackiert, Mitarbeiter wurden telefonisch bedroht und beleidigt und wir wurden als "Killer" und "Mörder" beschimpft. Fake-Bewertungen auf den bekannten Portalen folgten mit dem Ziel uns "fertig zu machen."

 

Was war passiert? Eine Tierschutzorganisation hatte drei querschnittsgelähmte Hunde aus Rumänien gerettet und nach Deutschland transportiert. Diese wurden aufgrund schlechter Haltung vom Veterinäramt Tuttlingen konfisziert und ins Tierheim Donaueschingen gebracht, wo man mit allen Mitteln versuchte diese Tiere adäquat zu versorgen und ihren Zustand zu verbessern.

 

Einer dieser Hunde war "Asterix", der eine lange Odyssee durch verschiedenen Länder der EU mit wechselnden, überforderten Pflegestellen hinter sich hatte und schließlich wieder in der Obhut seiner Retter landete

.

In dieser Zeit hatte er diverse irreparable Schäden durch Scheuern, Rutschen, Wundliegen, Reiben über rauhe Oberflächen erlitten, die zu Narbenbildung mit dünner, schnell blutender Haut, fehlender Behaarung und diversen anderen Veränderungen führte.

 

Asterix war völlig inkontinent, so daß er eine übelriechende Spur aus ins nasse Fell gesickertem Urin (trotz Windel), Kotresten und Wundwasser hinter sich herzog, die gesamte Haut in diesem Bereich war entzündet und trotz aller Bemühungen immer wieder infiziert.

Er fiel mit seinem Rolli häufig um und wurde dann verdreht irgendwo liegend von einem Mitarbeiter des Tierheims gefunden und wieder aufgerichtet.

 

Nach Untersuchung dieser drei Hunde durch uns wurde vom Veterinäramt die Einschläferung dieses Hundes angeordnet, der wir dann auch nachgekommen sind.

 

Die erhobenen Befunde waren wie folgt:

 

"Asterix weist eine komplette Querschnittlähmung mit Kot- und Harninkontinenz infolge einer hochgradig dislozierten Wirbelsäulenfraktur Th11/12 auf. Als Folge entwickelten sich Hautentzündungen, Schürfungen und Haarverluste im Bereich der Hintergliedmaßen. Eine auch nur geringfügige Besserung der Situation ist auszuschließen. Asterix kann in keine "normale" Umgebung vermittelt werden sondern wäre zeitlebens auf ständige fachlich kompetente Betreuung über mehrere Stunden täglich angewiesen, eine Haltung in einem gefliesten gut zu reinigenden Raum würde infrage kommen, würde aber auch zu ständiger Auskühlung der z.T. nassen Gliedmaßen führen und wäre nicht artgerecht."

 

Hier wäre die Geschichte in einem Land im Zeitalter vor Facebook zu Ende, aber die Kombination aus Einfältigkeit, absichtlich gestreuter Desinformation, Langeweile und Internet hat jetzt einen Mob ans Tageslicht gebracht, der unseren über 16 Jahre aufgebauten guten Ruf mit Verleumdungen, Lügen und Humbug wie "wollen Sie jetzt auch alle Rollstuhlfahrer einschläfern?" zu zerstören trachtet.

 

"First world problems" nennt man das wohl. Hier werden Dinge miteinander verquickt die nichts miteinander zu tun haben. Ein Mensch besteht nicht nur aus Laufen, Gehen, Stehen, und trotzdem ist es zweifellos eine gewaltige Einschränkung und ein Verlust an Lebensqualität im Rollstuhl zu sitzen, auch wenn man durch Arme und Hände noch vieles bewegen, sich versorgen und ein selbstbestimmtes Leben führen kann.

Dies liegt auch und vor allem daran, daß wir vielerlei Beschäftigungen, die uns Freude bereiten auch ohne Beine nachkommen können, sei es ein schönes Essen, ein gutes Buch, ein Plausch mit Freunden, ein Hobby etc.

Gleichwohl fallen viele derart Verletzte in ein tiefes Loch aus Depressionen und Verzweiflung aus dem sie sich mit Hilfe von Therapeuten, Ärzten, ihres familiären Umfeldes, aber auch durch Medikamente und chirurgische Eingriffe um z.B. die frakturierte instabile Wirbelsäule zu fixieren über Monate oder Jahre herauskämpfen müssen.

 

Ein Hund will rennen, springen, jagen, mit anderen raufen etc., er ist ein Lauftier. Er verliert durch eine Querschnittlähmung so viel mehr an "seinem" Leben, nicht zuletzt auch viel an Kommunikationsfähigkeit, die durch Körperhaltung, Schwanzbewegungen und den Gang an sich bestimmt ist, daß die pauschale Aussage "jeder querschnittsgelähmte Hund im Rollstuhl hat ein glückliches Leben", die uns jetzt ständig um die Ohren gehauen wird einfach unkorrekt ist. 

 

Das können die Leute, die im Gegensatz zu mir den Hund weder gesehen noch untersucht noch mit den ihn betreuenden Pflegern im Tierheim gesprochen haben offensichtlich besser beurteilen und einen Shitstorm lostreten, klar.

 

So wie Krebs nicht Krebs und Querschnitt nicht Querschnitt und Hund nicht Hund ist, sollte oder vielmehr muß es erlaubt sein den Einzelfall zu untersuchen, zu bewerten und zu entscheiden. Man muß also auch Graustufen in sein Leben hereinlassen, nicht nur schwarz und weiß, aber das ist offenbar zuviel verlangt.

Heute ist es ja "in" keine unpopulären Entscheidungen zu treffen, man duckt sich gerne weg und überläßt das anderen, auf die man dann schön einprügeln kann, vielen Dank auch!

 

Es gibt sicher "Rolli-Hunde" die mit ihrer Behinderung, die aber meist keine komplette Querschnittslähmung ist gut klarkommen, und die in einer Familie problemlos untergebracht, beschäftigt und saubergehalten werden können, Asterix hatte dieses Glück sowohl wegen der Schwere seiner Verletzung als auch der daraus resultierenden Überforderung ihn pflegender Menschen aber leider nicht und war an vielen Punkten irreversibel geschädigt, nicht nur an seiner Wirbelsäule.

 

Soll es Sinn dieses Aufmarsches der Entrüstung sein, daß solche Tiere langsam bis auf die Knochen durchscheuern, Maden unter die Windel kriechen, hochresistente Keime wegen ständig notwendiger Antibiotika-Gabe den gesamten Hund  besiedeln und er einen langsamen qualvollen Tod stirbt? Dabei ständig unter Schmerzen weil beim Hund eben niemand die Wirbelsäule nach einem solchen Unfall richtet und stabilisiert?

 

Dann hat er sicher seinen Zweck erfüllt, manche Tierärzte, gerade solche die sich neu niedergelassen haben werden sich nach diesen Erfahrungen hüten einen solchen "Fehler" zu begehen, ohne die große Unterstützung durch eine breite Basis jahrelanger treuer Patientenbesitzer kann eine solche Situation durchaus existenzbedrohend sein.

 

Mit Leuten die sich auf Facebook eine Parallelwelt aus alternativen Fakten schaffen ist leider keine Diskussion möglich, aber wir werden an Bord bleiben, um auch weiter für Sie und ihre Tiere da zu sein.

 

Viele Grüße

 

Dr. H.-E. Breuer

 

 

Update Ende August 2019

 

Auch hier hätte die Geschichte von Asterix wieder zu Ende sein können, aber die selbsternannten Tierschützer haben fleißig die Lokalpresse bearbeitet bis es zu einem Artikel über den "Skandal" kam - mit für sie etwas überraschendem Tenor (siehe unten).

Nie hätten wir gedacht, daß eine solche Welle der Unterstützung, Hilfsbereitschaft, vielen positiven Kommentaren, ja sogar Karten mit den besten Wünschen für uns daraus entstehen würde, dafür können wir nur ein herzliches "Dankeschön" an alle sagen. Auch haben sich Menschen, die noch nie eine Rezension irgendwo geschrieben haben motiviert gefühlt, dies für uns erstmals zu tun - ihr seid toll!

 

Warum man in Zeiten in denen die Tierheime voll sind von körperlich gesunden Tieren die auch keine neue Heimat finden querschnittsgelähmte Hunde aus Rumänien mit denen eine normale Person heillos überfordert ist zunächst nach England und von dort durch ganz Deutschland bis nach Neuhausen ob Eck befördert, bleibt ein Rätsel.

 

Zumal die Tiere sich dort unter unsäglichen Bedingungen mit den gelähmten Hinterkörpern durch ihre eigenen und die Exkremente ihrer "Mitbewohner" gezogen haben und nicht vom "bösen Veterinäramt" aus dem Paradies entfernt wurden.

 

Daß eine Dame die Hunderollis verkauft ganz vorne mit dabei war gegen uns zu hetzen, indem sie ihre Kunden für dumm verkaufte und die einfache Gleichung "Rollihund gleich Querschnittshund - und Dr. Breuer mag keine Rollihunde!" aufstellte, paßt da nur zu gut ins Bild. Dazu noch schöne Rolli-Videos, bei denen die Hunde z.T. noch hinten mitlaufen, beim Baden mit Rolli mit dem Schwanz wedeln etc.

 

Dies alles sind KEINE Querschnittslähmungen, die "echten" bzw. kompletten Querschnittslähmungen dürften bei der Rolli-Community in der absoluten Minderheit sein, dazu noch mit einer verschobenen und instabilen Wirbelsäule wie bei "Asterix", bei dem sich die beteiligten Wirbel seit seinem Unfall bei jeder Bewegung weiter ineinander gefressen haben, was  aus Sicht der Beteiligten wohl egal und in deren Denke offenbar schmerzfrei ist (siehe Rö-Bild oben).

Der Pflegeaufwand für solche Tiere ist um ein Vielfaches höher als bei einem Hund mit Hinterhandschwäche oder -lähmung, der deshalb mit einem Rollstuhl unterstützt wird.

 

Die federführenden Personen dieser Kampagne haben dem Anliegen seriösen Tierschutzes in einer Art und Weise geschadet, die die gesamte Auslands-Tierhilfe beschädigt, soviel ist sicher. Eine Organisation die ihr anvertraute Tiere in der hier vorliegenden Weise verkommen läßt sollte zukünftig mit einem Verbot der Tierhaltung belegt werden.

 

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